Körper

Wissen ist Kopfsache. Oder? Aber wie ist das mit dem Wissen, das Körper verkörpern? Rassifizierte Körper, sexualisierte Körper, traumatisierte Körper, gesellschaftlich normierte Körper? (Nimm mal ein paar Kilo ab!) Körper sind ein Knäuel von intuitiven Informationen, Projektionen, Spekulationen. Und dieses Knäuel wirkt spürbar auf den Verstand, nicht zuletzt auch auf den Verstand anderer. Sprich, unsere Wahrnehmung.

Do Not Read This Body © Olave Nduwanje

Wie in der Performance-Lecture von Olave Nduwanje. Unter dem Schlagwort Körper werden menschliche Erscheinungsformen und Lernprozesse rund um diese*n in den Blick genommen. Es geht um Identitäten, Machtverhältnisse und Communities, die von Körpern konstruiert werden. Aber es geht auch um eingeschriebene Erfahrungen und die Möglichkeit, sie anders zu lesen.

Dazu werden im Programm der Kulturellen Bildung zum Beispiel körperliche Behinderungen als soziale Verhinderung entlarvt, Gewalterfahrung und Emanzipation transsexueller Körper in einer Opernaufführung artikuliert. Genauso wird physisches Erleben von Körperlichkeit als Teil von Gruppen, der Natur oder von Technologien ertastet.

Das Bild zeigt vier Varianten eines Modells von einem stehenden menschlichen Körper. Die grafische Darstellung ähnelt der einer dreidimensionalen Animation. Der dargestellte Körper verfügt über eine weibliche Brust. Das Modell hat keine Haare und nur eine rasterartige und zugleich transparente Anskizzierung von Kleidung. Drei Versionen des Modells tragen Schuhe mit Absatz. Bei einer Version wurde über die Füße ein Bildausschnitt mit nackten Füßen gelegt. Die Grundfarbe des Modells ist Grau. Die Rasterungen haben die Farben Blau und Neongrün. Zudem wurden manche Raster und Stellen der Modelle mit Flächen in Beige hinterlegt.

© Katharina Achterkamp

Wie ein Körperwissen begreifbar sein kann, formt sich erst langsam aus als Bewegung zwischen learning und unlearning, jenem Prozess, der gewohnte Wahrnehmungsmuster hinterfragt und im besten Fall auflöst. Der Kopf ist hier nur ein Teil des Körpers, von vielen Körpern. Welches Wissen formt welche Bildung? Im Rückgriff auf das Knäuel von Informationen, Projektionen und Spekulationen: Jetzt, wo du mich nicht mehr siehst, kannst du mich besser hören?.

Hier finden Sie weiterführendes Material zum Thema. Übersetzungen englischer Originalversionen ins Deutsche sind gesondert unter (dt.) verlinkt.

Eindrücke aus dem Festivalprogramm Körper Lesen! (2019): die Performances Underbelly Resonances von Angelo Custódio und Jules Sturm und Trans* Opera von und mit Mavi Veloso feat. Dynno Dada, Sanni Est und Tina Escarlatina sowie die Lecture Performance Do Not Read This Body (dt) von Olave Nduwanje (alles im englischen Original). Eine Paneldiskussion zu Corpoliteracy in der Bildungspraxis gestalten Ed Greve, Ayşe Güleç, Gila Kolb, Tuğba Tanyılmaz und María do Mar Castro Varela.

Hierzu auch die Beiträge aus dem Wörterbuch der Gegenwart, speziell die Lesung Airport der Schriftstellerin Taiye Selasi und der Vortrag von Achille Mbembe: The Violence of Borders (dt.)

Ausgewählte Texte zum Thema

Körperlesekunde als neue Vermittlungspraxis?, von Daniel Neugebauer

Notizen zur Corpoliteracy, von Gila Kolb

Zersplitterte Körper und andere Fragmente, von Lena Staab, Mai-Anh Boger

Verletzlich werden, von Inga Zimprich

Ergänzende Publikationen dazu aus der Reihe Das Neue Alphabet (2019–2022), Haut und Code sowie Gegen_Lesungen des Körpers, herausgegeben von Daniel Neugebauer.